"Unsere ganze innere Welt ist Realität, vielleicht sogar realer als die sichtbare Welt"
Marc Chagall

 
   
     
  Quintessenz - Die Wandlungen

Die Betrachtung von Schriften zu den fünf Wandlungen kann in verschiedener Hinsicht interessant sein. Ich hoffe hier als Verfasser, dass eine Buntheit und Dynamik dieser Darstellung zu weiteren Dialogen einlädt. Vielleicht kann sich auch ein Dialog zwischen Behandlern und Patienten intensivieren.

Manche Erscheinungen und später dann Symptome im alltäglichen Leben treten derart gehäuft auf und entwickeln sich entlang einer beschreibbaren Dynamik, dass dieses bewegte Modell eine hilfreiche Orientierung werden kann. Das kann es auch, obwohl die Ideen über viele Jahrhunderte im fernen China zusammen getragen worden sind. In einem alten China.

Auch in Europa werden bei Menschen scheinbar verschiedene Stimmungen, Neigungen oder Gewohnheiten mit den „Brillengläsern der Wandlungen“ als dann zusammenhängende Strukturen erfahrbar.  Die „Legende“ mit der Kurzerläuterung zu den fünf Farbkreisen mit den jeweilig 24 Feldern, die beschrifteten Feile in der Darstellung, die folgenden Zeilen oder weitere Literatur können einen Schwung der Ebenen andeuten und Orientierung sein.

Auf den ersten Blick geht es in der Graphik eher chaotisch als linear zu, aber in einer eigensinnigen Ordnung. So können die 24 Begriffe innerhalb eines Farbkreises eine dahinter liegende Idee hervortreten lassen.

Eine andere Betrachtungsweise ist, aus der Legende eine der 24 Ebenen zu nehmen und diese jeweilig mit den fünf entsprechenden Segmenten der fünf Farbkreise in ihrer relativen Bezogenheit zueinander anzusehen. Die einzelnen Zuordnungen innerhalb einer Ebene stehen wie ein Yin im Verhältnis zu einem dazu gehörenden Yang. Die Ebenen beziehen sich auf eine körperliche, emotionale, mentale oder geistige Ausrichtung, ebenso wie es Zuordnungen zum Lebensstil, zu Drogen, zur Ernährung, zum Entwicklungspotential und zu Redewendungen gibt. Die deutsche Sprache birgt einen immensen Fundus an Sprichwörtern und leiblichen Ausdrücken und kann auf eine komplexe Phänomenologie des Menschen hinweisen.

Dieses ist enorm hilfreich für das Einordnen von Symptomen bei Menschen in der medizinischen Praxis oder in jedem Zusammenhang, in dem es um Dialoge geht.
Therapeuten nutzen für Diagnose und Therapie verschiedene Modelle der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM): Das Modell der acht Prinzipien, das Modell der inneren Organe, das Modell gemäß Qi, Blut und Körperflüssigkeiten, das Modell der pathogenen Faktoren, das Modell der Meridiane und das Modell der Syndromdiagnostik und der Muster gemäß den sechs Schichten, gemäß den vier Schichten und gemäß den drei Wärmekammern. Das Modell der fünf Wandlungsphasen wird dabei einmal mehr oder einmal weniger eingesetzt.
Dafür gibt es gute Gründe. Es verwundert dabei, dass Therapeuten der TCM dem Patienten häufig noch in einem Fachchinesisch oder Schweigen begegnen, obwohl sich in greifbarer Nähe ein gut zugängliches Erklärungsmodell befindet, welches viele Therapeuten in ihrer Ausbildung durchlaufen und gelernt haben.

In dieses lassen sich relativ häufig Vorgänge der Krankheit und Wege der Heilung individuell aufzeigen. Auch wenn es nach anderen Leitkriterien erstellte Diagnosen sind, die dann übersetzt werden, kann dieses Modell eine wichtige Orientierung für den Patienten selber sein. Ein sich auf diese Weise näher kommen, im Erkennen der einem innewohnenden Kräfte und den damit verbundenen notwendigen Ausgleichsbewegungen, kann eine Genesung konkret unterstützen.

Wenn nun aber Schlussfolgerungen aufgrund eines Modells dahingehend benutzt werden, dass die Erklärungsebene unklar wird, oder das Verallgemeinerungen eintreten, dann wird es gefährlich. Der gesunde Verstand, eben die praktische Intelligenz (der Erde), die dem Leben und dem Menschsein zugewendet ist, sollte Orientierung bleiben. Dabei geht es bei den genannten Elementen um „Ideen“ aus Sicht einer Philosophie. Es geht nicht um starre Regeln oder etwa Ideologien.
Ich habe in den Jahren meiner Aus- und Weiterbildung und dann als Lehrer und praktizierender Heilpraktiker mit Kollegen und Patienten Kulturwissen sammeln können, welches mir erst einmal selber eine Vielschichtigkeit im Leben näher brachte.
Es sind Erkenntnisse dabei, die nicht von einer theoretischen Natur sind, sondern in ganz praktischen, "alltagstauglichen" Dingen umsetzbar werden.

Diese Umsetzbarkeit zeigt sich auch in einer Begleitung von Lernenden und bei Patienten, die sich an die Vorstellungswelten der chinesischen Medizin herantasten.
Aufgrund von Naturbeobachtungen entwickelte sich in China über Jahrhunderte die Beschreibung der fünf Phasen. Das Frühlingsprinzip steht für Holz, die Qualität des Sommers steht für Feuer, die Eigenschaften des Herbstes stehen für Metall, die Atmosphäre des Winters steht für Wasser und spezifische Merkmale der Übergangszeiten stehen für Erde.

Es wird dabei so etwas wie eine „Jahreszeiten- und Wetterdynamik“ im Menschen selber interessant, die jeweilig Neigungen und Potentiale mit sich bringt. Die einzelnen Phasen sind einmal mehr oder dann wieder weniger im Vordergrund. Dabei kommuniziert das gesamte System miteinander. Durch ein Sichtbarwerden solcher Strukturen erweisen sich viele Dinge im Leben, die zunächst unverbunden erscheinen, aus einer anderen Perspektive als Teile eines größeren Zusammenhangs.

Eine Frühlingsdynamik
Zum Beispiel verdeutlicht sich das Frühlingsprinzip in den Organen Leber und Gallenblase, in der Tageszeit eines „jungen Morgens“ und des Vormittages und als Aktivitätspotential im kreativ und dynamisch bewegt Sein. Der Stoffwechsel läuft warm. Solches Geschehen des sich entfaltenden Lebens ist metaphorisch auch dem Sonnenlauf an einem einzelnen Tag, wie auch im Lauf der Jahreszeiten vergleichbar.
Der Keim des Lebens erwacht und die Dinge nehmen ihren Lauf. Es will wachsen und sich entfalten. Alltägliche Vorhaben und Herausforderungen wollen ! bewältigt werden. Wenn nun ein „Druck von oben“ diesen Impuls beschwert oder/und ausreichend „Schub von unten“ fehlt, kommt es zu einer Überforderungssymptomatik.

Dies können innere wie äußere Widerstände sein.
Die Keime aus der Erde, oder die Blüten- und Blätterknospen, welche dann doch durch die Widerstände hindurch brechen, verdeutlichen wiederum einen erheblichen Kraftschub von unten. Dem Menschen selber wohnt eben solche Dynamik als Kraftpotential inne.

Bei Stillstand kommt es zu einer Imbalance, die vielleicht noch überhaupt keine „medizinischen“ Symptome hervorbringt und doch reagiert das ganze System.
Eine Störung kann bei der „Phase der aufgehenden Sonne“ oder altchinesisch: „die Dynamik des aufsteigenden Yang“ zu Überhitzung führen. Statt der aufsteigenden Aktivität, die sich dann entfaltet, kommt es in der Stagnation von eigentlich kreativen Impulsen jetzt vielleicht emotional u.a. zu aufbrausender Gereiztheit.

Als die Holzzeit im Leben eines Menschen wird die Phase der Jugend gesehen. Aber jede sonstige mit Leber und Galle assoziierte Kraft lässt jeden Menschen jeden Tag mit diesem Potential umgehen. Das chinesische Schriftzeichen für dieses Element bedeutet eigentlich „Baum“ und zeigt deutlicher die aufstrebende Dynamik. Physiologisch ist „der Spannungszustand der Muskeln, Sehnen und Bänder“ von solcher Dynamik bestimmt. Alle Gelenkproblematiken können somit auch auf holzige Zustände hinweisen.

Wenn im Gesamtsystem nun ein Holzstau nicht ausgeglichen werden kann, zum Beispiel eine emotionale Gereiztheit, führt es später zu chol-erischen (gr. chole= Galle) Zuständen. Auslöser kann da die berühmte „Laus sein, die über die Leber läuft“ und dann kommt jemandem „die Galle hoch“. Die individuelle Konstitution oder Begleiterscheinungen können solche Symptomatik auch ganz anders herausformen.

Bei Frustration, hervorgerufen zum Beispiel bei Jugendlichen durch eine Perspektivlosigkeit, mangelnde Förderung von Kreativität oder körperlicher Bewegung, kann es je nach Intensität zu einer emotionalen Hemmung und zu melan-chol-ischen Zuständen kommen. Also auch hier ein Galle betonter Zustand, wobei sich bekanntlich „thermisch“ beide Zustände deutlich voneinander unterscheiden.
In der Erfahrungsheilkunde gibt es schon immer Ideen aus der Kräuter- und Ernährungslehre. So kann der Zustand einer gestauten Leber mit Rhabarber, Löwenzahn und Mariendistel mit den verteilenden, neutralisierenden und thermisch kühlenden Eigenschaften zur Wirkung kommen. Berühmt sind aber auch Hopfen und ein wenig Alkohol. Wenn solch ein emotional heißer Mensch nun am Abend nicht „abschalten und herunter kommen“ kann, dann hilft vielleicht etwas Bier.

Die Ernährungsinformationen aus chinesischer Sicht beschreiben, dass wenig Alkohol die Leber kühlen kann. Hopfen ist als Lebermittel in der Ergänzung eine interessante Möglichkeit. Nach der chinesischen Organuhr ist zwischen 23 und 1 Uhr nachts die Gallezeit und anschließend von 1 bis 3 Uhr die Leberzeit.
Es gibt manche Patienten, die darüber klagen, dass sie in angespannten Zeiten entgegen ihrem normalen Rhythmus nur sehr spät einschlafen konnten, lange unruhig waren oder sogar gehäuft um 3 Uhr nachts aufgewacht sind. Dies führt in der Praxis lediglich zu einem offenen Weiterfragen bei der Anamnese. Noch gibt es kein gesichertes Wissen. Die Erfahrungsmedizin sagt nur, dass Einschlaf- sowie Durchschlafstörungen häufig mit dem Holz oder dem Feuer zu tun haben können. Es braucht für eine Diagnose ein Zusammenkommen von mehreren Hinweisen.

Wenn jemand sich nicht kennt, dann kann bei einer emotional aufsteigenden Thermik ein scharf gewürztes Essen verhindern, dass dieser Mensch „die Kurve kriegt“ und wieder „runter kommt“. Es sei denn, die Menge des Essens sorgt für eine folgende Erdenschwere. Ein die Leber beruhigender Spaziergang im Grünen, ein sich kurz Reflektieren, ein Holzhacken, ein zum Lachen gebracht werden usw. usf. kann dagegen solchen Zustand schnell in Balance bringen.

Ganz allgemein sind Organe, oder eben deren assoziierte Funktionskreisläufe erst einmal nur Synonym und Ausdruck einer komplexen Dynamik. Sie sind Träger von archaischen Kräften. So wird zum Beispiel Geduld als Tugend in China ebenso der Leber zugeschrieben, wie auch eine Intuition.

Solche Verbindungen deutet auch die deutsche Sprache an. Wenn etwas „rund“ läuft oder jemand wenigstens die „Kurve“ kriegt, ist das sehr gut und manches Mal auch Rettung aus einer Not. Gerade noch. Dann hatte sich etwas „aufgestaut“, war „fixiert“.
Das Schwungnehmen und damit wieder ein Rundlaufen ist jeweilig an allen Momenten eines Kreislaufes möglich; wie bei einem Schwungrad.  Das jemand „hoch“ kommt oder “runter“ ist jedem Menschen bekannt.

Nun kann ein solches sich selber „in seiner Natur“ Erkennen und jenes Einordnen von Phänomenen des täglichen Lebens mit einem gesunden Menschenverstand zu einer kultivierten Ausgleichsbewegung ermutigen.
Auch eine Erfahrungsmedizin in Form einer lyrischen Hausapotheke, eines Kräuterhandbuches oder ein Buch über die fünf Wandlungen hat manchmal ganz einfache Antworten auf Störungen. So kann es medizinisch vorsorgend wirken, Menschen auf ihre Wechselkräfte und deren enorme Kraftpotentiale hinzuweisen.
Die so genannte Schulmedizin nutzt ebenfalls in ihrer phantastischen Wirksamkeit bei Akut- und Intensiverkrankungen einfache Ausgleichsbewegungen in den erreichbaren Regelwerken.

Balancierung im Funktionskreislauf
Wie ein „Motor“ oder ein sonstiges „Feuer“ zu heiß werden kann, kann es auch im menschlichen Stoffwechsel zu heiß werden. Dieses braucht dann einen flankierenden Schutz, braucht Regelmechanismen. So gilt als balancierende Idee bei einer aufsteigenden Hitze mit einhergehender Unruhe unter anderem die Kraft der Nieren, die genauso berechtigt in einem pulsierenden Lebensrhythmus den Bogen spannen. Der Impuls nach Ruhigsein, Zurückgezogenheit und Stille entspringt im alten China der Niere aus dem Element Wasser. Die Hinwendung an solche Bereiche in einer komplexen Persönlichkeit kann jemanden dann „zur Besinnung“ bringen und somit einen einseitigen Zustand aufheben.

Weiter sagt hier der Volksmund in einer Art „Organsprache“, dass jemandem etwas „an die Nieren gehen kann“ oder „stille Wasser sind tief“ oder dass jemand „auf Herz und Nieren zu prüfen ist“. Es kann solch fühlendes Denken helfen, Reaktionen einzuordnen und sich selber besser zu verstehen, da angezeigt wird, dass diese Wasser - Assoziationen weit in die Tiefe reichen können. Eine Nieren-Becken-Entzündung braucht in der Ausheilung mehr Zeit und Ruhe, als ein Schnupfen.
Die Erkenntnis, dass der Mensch hineingeworfen ist in ein so vielschichtiges Leben und selber in seiner Innenwelt ebenso angelegt ist, kann erstaunen. Das Verständnis, wie und was der Mensch ist, in Wissenschaft, Politik und Erziehungswesen, hat immer weit reichende Konsequenzen und führt zu Handlungen innerhalb des jeweiligen Glaubens.

Mir scheint in dem kleinen Ausschnitt des alltäglichen Lebens, in denen ich in Praxis und Unterricht mit der Begleitung von menschlichen Angelegenheiten betraut bin, dass mit den fünf Wandlungen ein sinnvolles und ergänzendes Modell existiert. Mir geht es dabei nicht um endgültige oder sogar verallgemeinernde Aussagen, sondern um eine mitmenschliche Kultur. Bei all dem Fortschritt in Teilbereichen der Medizin und der psychologischen Betreuung, fühlen sich dennoch viele Patienten nicht verstanden, verlassen und isoliert.

Im Folgenden werden eine weitere kurze Einführung aus dem geplanten Begleitbuch sowie das Beschreiben zum ersten Segment der Graphik wiedergegeben.
Es wird bis Ende 2009 hier ausführlicher von weiteren Vernetzungen geschrieben werden. Das Begleitbuch wird auch als Patientenratgeber zu verwenden sein. Ich hoffe, dass es mir dann gelungen sein wird, dieses komplexe und vernetzte System in einigen Aspekten darzustellen. Es geht mir um ein systemisches Begreifen und eben auch selber immer wieder davon Ergriffen werden.

Vitalität
Die Gezeiten einer Meeresströmung und die Strömung eines Flusses sind etwas Reales. Es kann dieser Bezug helfen, sich das abstrakt fernöstliche Vorstellungsbild heranzuholen.

Es gibt Pfade oder Strömungsbecken in unserem Körper, die konzentrierte Vitalität transportieren oder beinhalten. Dieses Strömungsnetz ist nicht identisch mit einer Struktur oder einem Gewebe aus der uns bekannten Medizin. Es gibt aber Überschneidungen, etwa mit den verzweigten Nervenbahnen und dem damit korrespondierenden Hormonsystem, den zuführenden und weiterleitenden Gefäßen des Herzens, dem Strömungsbereich der Lymphe, den Verläufen von Muskeln, Sehnen und Bändern sowie mit der Struktur der Knochen, die durchpulst sind vom fließenden Etwas.

Nun gibt es in der asiatischen Vorstellungswelt und damit in deren Realität, die Möglichkeit mit einer Mischung aus Gelassenheit und Konzentration Einfluss zu nehmen auf eben diese Vitalität. Entweder über QIGONG - oder TAIJI - Bewegungen direkt bei sich selber oder über die Hilfe eines Therapeuten mit AKUPRESSUR, AKUPUNKTUR, SHIATSU, TUINA oder REFLEXZONENTHERAPIE.
Ein wesentlicher Bereich in der asiatischen Medizin stellt auch das Verabreichen von KRÄUTERN dar, sowie mögliche Empfehlungen zur ERNÄHRUNG. Dann gibt es noch die Lebensphilosophien mit dem gesammelten Kulturangebot aus vielen Jahrtausenden. Es geht bei all dem um das Erhalten und um das Lenken von Vitalität.

Flut und Ebbe in den Meridianen                                                             

Wasser: Blasenmeridian 15-17 Uhr, Nierenmeridian 17-19 Uhr
Holz: Gallenblasenmeridian 23-1Uhr, Lebermeridian 1-3 Uhr
Feuer: Herzmeridian 11-13 Uhr, Dünndarmmeridian 13-15 Uhr
Feuer: Herzregent Meridian 19-21 Uhr, Dreifacher Erwärmer 21-23 Uhr
Erde: Magenmeridian 7-9 Uhr, Milz-Pankreas-Meridian 9-11 Uhr
Metall: Lungenmeridian 3-5 Uhr, Dickdarmmeridian 5-7 Uhr

Meridian ist die Bezeichnung für einen Strömungsabschnitt aus dem Strömungsnetz, welches den Menschen von der Tiefe bis an die Oberfläche mit Vitalität versorgt. Ein Meridian kann auch mit einem Pfad oder einem Flussbett verglichen werden oder mit der Linie eines Gewebes. Bei der Namensgebung der 12 klassischen Meridiane handelt es sich um komplexe Funktionskreisläufe, deren Qualitäten in vielen Bereichen wirksam sind.

Es ist wichtig, das jeweils dabei assoziierte "Organ" erst einmal aus einem nur westlich physiologischen Zusammenhang herauszunehmen. Leider wird hier zu wenig, auch von Therapeutenseite darauf geachtet und so kommt es zu Verwirrungen, die unangenehme und auch hemmende Folgen bei Patienten haben können. Wenn zum Beispiel bei jemandem eine Behandlung des Magenmeridians bei verschiedenen Symptomen geholfen hat, so ist es nicht richtig, mit einem logisch kausalen Umkehrschluss zu behaupten, der Magen als Organ sei vorher nicht in Ordnung gewesen.

Solche Art des Denkens kann Schaden anrichten. Nach der asiatischen Vorstellung von energetischen Zusammenhängen gilt, dass das Qi = die Lebenskraft, einer Wahrnehmung und der Absicht des betreffenden Menschen folgt. So ist besonders in einem eventuell therapeutischen Machtgefälle darauf zu achten, dass sich nicht unnötige Befürchtungen mit vielleicht tiefen Ängsten eines Patienten verbinden. Die Auswirkungen solcher Zusammenhänge sind aus vielen klinischen Untersuchungen hinlänglich bekannt geworden und in der Literatur über z.B. Placebo-Effekte, Auswirkungen von erstellten Diagnosen (self-fullfilling prophecy) und über die Kraft von Gebeten und Meditationen bei Krankheit nachzulesen.

Die Meridianzeiten zeigen den Weg der Flutwelle, mit der neben der Grundversorgung dem betreffenden Funktionskreislauf verstärkt Energie angeboten wird. Nun bedeutet eine solche "Maximalzeit" nicht immer, dass das betreffende Organsystem dort seine maximale Leistung aus westlich physiologischer Sicht hat. Wieder ist es ein lineares Denken, welches ein Begreifen verhindert.

So ist gerade für schwerkranke Menschen die Zeit von 3-5 Uhr eine kritische Zeit, da die physiologische Atemfrequenz hier bei vielen Menschen nach der "biologischen Uhr" am niedrigsten ist. Das Modell der Organuhr besagt, dass gerade zu dieser Zeit die Lunge geflutet wird und das Lungensystem in erhöhter Vitalität "badet", um sich nach innen zu regulieren und zu regenerieren, ohne dass eine erhöhte Atemleistung erfolgt. Diese Gegensätzlichkeit von zwei Modellen wird somit im tieferen Verständnis wieder aufgehoben.

Für ein seelisches Erleben ist die Zeit um 5 Uhr dafür bekannt, dass Menschen mit aktuellen und sie belastenden Sorgen aufwachen. Dies geschieht in einem weit höheren Maße, als es der Zufall erlaubt.
So kann bei einer zeitlich wiederkehrenden Symptomatik, die sich beim Menschen einstellt oder verändert, mit Hilfe der "asiatischen Organuhr" ein Hinweis zur Diagnose vorliegen. Dabei hat das jeweils in der Meridianuhr gegenüberliegende System auch seine Bedeutung. Die "Minuszeit" meint hierbei die um jeweils 12 Stunden versetzt zugeordneten Funktionskreisläufe, in denen in Relation zu der Flut Ebbe herrscht, ohne dass ein "Flussbett" nun dabei "austrocknet".

Bei solchen Betrachtungen haben auch die so genannten Biorhythmen zu merkwürdigen Versuchen geführt. Es gab eine pharmakologische Untersuchung, bei der bestimmte Lebermedikamente an Klinikpatienten zu fraglicher Zeit tief in der Nacht verabreicht wurden. Anschließende Untersuchungen haben ergeben, dass bei einigen Patienten die Menge des Wirkstoffes bei gleicher Wirksamkeit um ein Drittel reduziert werden konnte. Im Hinblick auf manchmal schwere Nebenwirkungen kann unter ärztlicher Abwägung nun zu den Nachteilen einer gestörten Tiefschlafphase entschieden werden. Dabei ist aber immer zu bedenken, dass es sich um Neigungen beim Menschen handelt, die individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können.
Es geht hierbei und in weiteren Beschreibungen der Wandlungen nicht um ein starres Erklärungsmodell. Das Leben lässt sich nicht katalogisieren und in feste Regeln pressen. Sonst ist es nicht das lebendige Leben.

Allgemeines
Die literarische Begleitung zu der Graphik mit dem Titel "Die Wege der fünf Wandlungen" wird voraussichtlich Ende 2009 abgeschlossen sein und dann gedruckt und gebunden vorliegen. Im Internet wird der Begleittext weiteren Wandlungen unterworfen sein und ist dabei frei herunterladbar. Es wird der Text von der ursprünglichen und undifferenzierten Einheit (Wu Chi) zu der Polarität (Yin Yang) und der sich aus dieser Spannung ergebenden Vitalität (Qi), hin zu den 5 Wandlungen führen, dann weiter zu den 12 Meridianen und den unendlichen Erscheinungsformen.
Es wird ausführlicher von den Ideen geschrieben, wo eben die Namen von Organen erst einmal nur Synonym und Ausdruck einer komplexen Dynamik sind. Sie sind Träger von archaischen Kräften.

Das Begleitbuch wird "Kommunikationsstrukturen" behandeln, wie den Yin-Yang-Zyklus, auch Bruder-Schwester-Zyklus genannt, den Entstehungs- oder Fütterungs-Zyklus, den Erschöpfungs- oder Auflehnungs-Zyklus, den Kontroll- oder Bezwingungs-Zyklus sowie den Verletzungs- oder Beschämungs-Zyklus. Ein sich im günstigen Falle selbst regulierendes und ausgleichendes System (kybernetisches Modell) wird sichtbar. Dabei geht es um ein nicht isoliertes, sondern um ein mit der Umwelt in Kontakt und Austausch tretendes System. Es wird bei jedem Segment mehr zum Inhalt beschrieben werden, welches für die Graphik aus Gründen der Gestaltung reduziert wurde. Die Zuordnungen werden erläutert und mit weiterführenden Literaturangaben und Quellenverweisen versehen.

Das Beschäftigen mit diesem Modell bekommt für immer mehr Menschen auch einen sinnfindenden Charakter, welches wiederum seine Gefahren birgt. Die Motivationen sind vielfältig und reichen vom zufälligen Hineinstolpern bis hin zur Auseinandersetzung mit sinnentleerten Lebensvorstellungen, einer Naturentfremdung oder dem aktiven Begegnen wollen von Krankheiten mit stagnierenden Lebensmustern. Glückt dieser Versuch, so fühlen sich diejenigen durch konkrete Handlungsmöglichkeiten oder dem sich bloßen Wiedereinordnen in einen größeren Zusammenhang bereichert.

Wenn jemand im Leben viel Halt braucht oder als Lehrer oder Therapeut ein Interesse daran hat, dass Menschen nicht nur ihren ganz „eigensinnigen“ Weg finden, dann können Vertreter eines solchen Modells höchst unangenehme Zeitgenossen werden. Es fehlt dann schlicht an Gelassenheit, Ethik, Selbsteinordnung und vielleicht auch der Humor. Im alten China wird gesagt, die Herzensintelligenz ist entscheidend an einer geglückten Begegnung beteiligt.
Aus meiner Sicht über die Jahre ist das Modell der fünf Wandlungen umso hilfreicher, je weiter ein ethisches Menschenbild oder ein Verständnis in die Gleichzeitigkeit einer Vielschichtigkeit reicht.

Zum Beispiel kann es erheblich größere Auswirkungen haben, mit welchen Emotionen ich dem Leben begegne, als mich fixierend auf eine Kochkunst bezüglich der fünf Wandlungen auszurichten.

Vita
Mein besonderer Dank geht an dieser Stelle an Wilfried Rappenecker, Arzt und Leiter der "Schule für Shiatsu" in Hamburg, Mitbegründer der Gesellschaft für Shiatsu in Deutschland. Ebenso geht mein Dank an Claude Diolosa, Leiter von Avicenna, Institut für Traditionelle Naturheilkunde in Frankreich. Ohne diese beiden Lehrer wäre mein Wissen zu den Wandlungen ein nur abstraktes geblieben. Den Zugang zu einer Philosophie des Ostens und deren praktische Bezüge in unsere europäische Kultur hat mir Dr. phil. Christel Proksch, Taiji- und Qigong-Lehrerin in Hamburg und Bremen, ermöglicht. Mit den sich da heraus so wohltuenden Haltungsänderungen zum Menschsein und zum Leben hat sich mein Horizont beträchtlich erweitert.
Ich besuchte in meiner Studienzeit Vorlesungen und Seminare, in denen es um medizinische Wissensschätze aus alten Kulturen ging.

Diese ethnomedizinischen Betrachtungen führten damals in meinem Umfeld als Gegenbewegung zu einer erlebten „kalten und entzauberten Medizin“ zu einem derart magischen Verhalten, dass in solcher Ausschließlichkeit ein integrierendes Verstehen eingeengt wurde.

In aufgeklärten modernen Medizinvorlesungen und Seminaren die ich besuchte, war die Entzauberung des Lebendigen wiederum dermaßen groß, dass ich mich nach einer Weile von meiner Absicht trennte, einmal Arzt zu werden. Eine Ausschließlichkeit von Betrachtungsweisen begegnete mir auch in meiner anschließend dreijährigen Heilpraktikerausbildung. Daraus ergibt sich für mich ein Erkennen der Dringlichkeit zum Wohle des Patienten immer gleichzeitig mehrere Perspektiven anzubieten und zuzulassen.

Ich habe mich intensiv neben der Behandlung von Symptomen, dem Verstehen wollen von kausalen Zusammenhängen auch mit der Idee von Prophylaxe beschäftigt. Ein Fach, welches für mich damals als Medizinstudent nicht im Vorlesungsverzeichnis, im Curriculum oder in einer Approbationsordnung zu finden war. 
Es ergibt sich für mich eine Relevanz, mit den Möglichkeiten eines Modells der fünf Wandlungen zu den heutigen Fragestellungen von Patienten zu arbeiten.
Bei aller Gefährlichkeit, die ein Benutzen von Modellen mit sich bringt.

Einige Daten zu meiner Person:

• 16 Jahre Praxiserfahrung  mit Therapie und Prävention aller Organsysteme in Ergänzung zu ärztlichen Diagnosen und Verfahren, Schmerzsyndrome bezüglich Haltung und Bewegung, eingehende Beratung und bei Bedarf eine weiterführende Vernetzung im Gesundheitswesen

• 22 Jahre Lehrtherapeut für Körpermechanik, Manuelle Verfahren und Gesundheitssport. Lehrtätigkeit an der Universität Hamburg im Fachbereich Sportwissenschaft, beim Deutschen Sportbund, auf Fachfort­bildungen für Gesundheitsberufe sowie bei Gesundheitskongressen

• 24 Jahre Erfahrung mit Shiatsu, einer asiatische Form Manueller Medizin, deren entstehungsgeschichtliche Wurzeln im alten China liegen, und die in Japan weiterentwickelt wurde. Seit 20 Jahren wird Shiatsu im europäischen Kulturraum als erweiterte Physiotherapie und als umfassende medizinische Anwendung in Therapie und Prävention integriert

• Angebot regelmäßiger Kurse für Bewegung mit gesundheitsrelevantem Hintergrund in den Hamburger Stadtteilen Eimsbüttel und Ottensen

• Vorträge und Seminare zu dem Thema „Strukturen der chinesischen Medizin am Beispiel der fünf Wandlungen“

•  Mitglied des Förderkreises für Ganzheitsmedizin 

• Mitgründer des Berufsverbandes der Taiji- und Qigonglehrer

• aktives Mitglied im Berufsverband für Shiatsu seit Gründung

• Weiterbildung an Instituten für Kommunikation und systemischen Betrachtungsweisen in Hamburg und München  

• Bei entsprechenden Anfragen arbeite ich im gesamten deutschsprachigen Raum